Die Anforderungen an die Eigenschaften der Oberflächen von Gebrauchsgegenständen werden immer größer. Die optisch ansprechende Gestaltung mittels Lackierung steht dabei ebenso im Vordergrund wie umwelttechnische Aspekte. Polymere, die hinsichtlich der Verarbeitbarkeit und in Bezug auf die Gestaltungsmöglichkeiten ideal sind, stoßen hier – aufgrund ihrer schlechten Haft- und Benetzungseigenschaften – oft an ihre Grenzen. Mit der Fluorierung lassen sich diese Defizite jedoch wirtschaftlich und dauerhaft ausgleichen. In nur einem Arbeitsgang, ohne mechanische Belastung, wird die Oberflächenspannung signifikant erhöht. Dabei werden Wasserstoffatome der Molekülketten durch Sauerstoffatome substituiert und man erhält verbesserte Eigenschaften.
Im Gegensatz zu anderen Oberflächenvorbehandlungsverfahren (wie Beflammung, Corona oder Niederdruckplasma) führt die Fluorierung zu dauerhaft beständigen sowie (unabhängig von der Bauteilgeometrie) gleichmäßigen Oberflächeneigenschaften.
Funktionsprinzip der Fluorierung
Vor der Fluorierung
Kunststoffe haben hervorragende Eigenschaften wie einfache Verarbeitung, geringes Gewicht und hohe chemische Beständigkeit. Die Fluorierung bietet eine effektive Möglichkeit, die Anwendungsmöglichkeiten wesentlich zu erweitern.
Die starke Reaktionsfreudigkeit des Fluorgases führt an der Bauteiloberfläche zur Substitution von Wasserstoffatomen durch Fluor – und Sauerstoffatome. Die veränderte Oberflächenschicht, ist chemisch gebunden und ist somit sehr beständig.
Nach der Fluorierung
Nach der Fluorierung ist die Oberfläche dauerhaft modifiziert, hat hervorragende Haftungseigenschaften, zeigt gegenüber vielen Substanzen eine wesentlich verringerte Permeation und besitzt ein verbessertes Gleit-/Reibeverhalten.
Verbesserte Haftfähigkeit
Durch die Fluorierung steigt die Benetzbarkeit der Kunststoffe. Die Benetzbarkeit ist eine notwendige Vorraussetzung für ausreichende Haftfestigkeiten von Lacken und Klebstoffen. Je höher die Oberflächenspannung und damit die Benetzbarkeit der zu veredelnden Oberflächen ist, desto besser lassen sich diese lackieren. Die relativ große Eindringtiefe des Fluors – die im Bereich mehrerer µm liegt – sorgt zusätzlich für den stabilen und langanhaltenden Effekt der Fluorierung. So bleibt die Vorbehandlung auch bei z.B. durch Temperaturunterschiede bewirkte Molekülbewegungen erhalten. Diese mehrere Moleküllagen dicke, modifizierte Oberflächenschicht hat vor allem bei Gegenständen, die vor der Veredlung einer erhöhten chemischen Belastung ausgesetzt sind, gegenüber den üblichen Vorbehandlungsmethoden signifikante Vorteile.
Das Diagramm zeigt die im Vergleich zu unbehandelten PE-Oberflächen wesentlich höheren Zugscherfestigkeiten von fluorierten Polyethylenproben:
Verringerte Permeation
Durch die Möglichkeit, mittels Gasphasenfluorierung die Durchlässigkeit von Gasen und Flüssigkeiten durch Kunststoffbauteile zu verringern, gelingt es, ökonomische und ökologische Gesichtspunkte zu verbinden. Einerseits werden Volumenverlust und Eigenschaftsänderungen der zu schützenden Produkte vermieden sowie Belastungen der Umwelt durch Dämpfe und Gerüche reduziert, andererseits können auch wirtschaftliche, leichte sowie umweltfreundliche und ressourcenschonende Verpackungsmaterialien verwendet werden.
Die Permeation von Flüssigkeiten (hier Toluol) und Gasen durch polymere Bauteile lässt sich mit der Fluorierung häufig um Zehnerpotenzen verringern.
Sicherheit dank erhöhter Oberflächenenergie
Die mittels Fluorierung verbesserten Oberflächeneigenschaften schaffen Sicherheit in der Weiterverarbeitung der zu veredelnden Teile. Für das Lackieren kann häufig auf eine Grundierung bzw. auf Primer verzichtet werden, da die fluorierte Oberfläche einen optimalen Haftgrund darstellt. Die erzielbare Verbesserung der Oberflächenenergie hängt dabei an erster Stelle von der Fluorierungszeit, der Temperatur und der eingesetzten Menge an Fluorgas ab. Die Abstimmung dieser Parameter ist ein ganz entscheidender Punkt in der Kompetenz MAINCORs. Beratung ist für MAINCOR eine Frage der Qualifikation, denn hinter jedem ausgelieferten Produkt steht eine große Verantwortung.
Oberflächenenergie verschiedener Materialien [mN/m]
Vorteile des Verfahrens
Die Offline-Gasphasenfluorierung ist eine erprobte Methode zur Oberflächenvorbehandlung von Kunststoffen. Im Vergleich zu anderen Verfahren wie Beflammung, Corona und Plasma hat die Fluorierung jedoch wesentliche Vorteile:
Das Fluor dringt tief in das Material ein und sorgt so für eine stabile Oberflächenschicht, die auch durch Molekülbewegungen nicht beeinträchtigt wird. Durch die hohe Spaltgängigkeit des gasförmigen Fluors ist die Fluorierung nicht nur an den Außenseiten, sondern auch an den Innenseiten von Hohlkörpern problemlos möglich. Die Oberfläche wird weder mechanischen noch thermischen Belastungen ausgesetzt. Das Material bleibt in seinen Grundeigenschaften unverändert, nur die oberflächennahen Schichten werden modifiziert. Unter umweltspezifischen Gesichtspunkten ist das Verfahren als absolut unbedenklich einzustufen.
Forschung und Entwicklung
Um die immensen Möglichkeiten der Gasphasenfluorierung auszuloten, hat MAINCOR die theoretischen und anwendungsspezifischen Eigenschaften der Fluorierung zusammen mit Hochschulpartnern grundlegend untersucht. Hierzu zählt vor allem das Verhalten der Polymeroberflächen in Abhängigkeit der Fluorierungsparameter sowie der Alterungszeit, die mit den anwendungstechnischen Größen der Haftfestigkeit korreliert werden sollen.
Die Fluorierung von Materialien wird an Prüfmustern in Langzeitversuchen getestet. Die Erkenntnisse aus diesen Beobachtungen geben dem Kunden die Sicherheit, dass im Einsatz kein Risiko besteht.
Anwendungsbereiche
- Vorbehandlung von Kunststoffteilen für die anschließende Kaschierung mit Leder
- Flüssigkeitenbehälter mit verringerter Permeation (Durchlässigkeit von Gasen)
- Vorbehandlung von Kunststoffteilen für das spätere dauerhafte Einkleben weiterer Bauteile
- Verbesserung der Gleit-/Reibeeigenschaften der Kunststoffe
- Erhöhung der Haftfähigkeit von Lacken